Es ist die magische Zahl, das magische Datum zu Beginn einer Schwangerschaft auf das man automatisch hinfiebert, wenn man sich erstmal der Schwangerschaft bewusst ist: der „errechnete Termin“, abgekürzt ET. Eine „genormte“ Schwangerschaft dauert 280 Tage nach der letzten Regelblutung. Den ET kann man zum Beispiel mit einem Rechner im Internet einfach selbst berechnen, wenn man das Datum der letzten Regelblutung kennt. Hier zahlt es sich aus, wenn man schon zuvor einen Überblick über den eigenen Zyklus und weiß, wann der Eisprung stattgefunden hat. Wenn Du von Dir selbst weißt, dass Dein Eisprung verschoben war, dann ist es sinnvoll, das in die Berechnung des ET bzw. des Schwangerschaftsalters miteinzubeziehen. Denn ein um einige Tage verschobener Eisprung macht am Ende der Schwangerschaft vielleicht den Unterschied zwischen einer eingeleiteten oder einer natürlich begonnenen Geburt aus. Oder im umgekehrten Fall macht er den Unterschied zwischen einer Hausgeburt und einer Klinikgeburt aus, weil das Baby statt bei 37+0 schon bei „36+3“ kommt.
Der ET wird auch oft durch den Frauenarzt per Ultraschall bestimmt. Diese Methode ist relativ akkurat, wenn sie im richtigen Zeitraum (zwischen der 11. und der 14. Woche [1]) angewendet wird (und Achtung! Später wird es massiv ungenau. Wir sind alle unterschiedlich groß- so auch unsere Babies. In der 35. Woche kann der ET nicht mehr anhand der Größe des Babies berechnet werden (und ja, das tun manche Ärzte leider)). Und genauso wenig heißt es, dass Dein Baby sich eher auf den Weg macht, weil es etwas größer ist als die Norm (ja, das habe ich in der ersten Schwangerschaft noch gedacht ;) ).
Trotzdem: wenn Du Dir sicher bist, wann Dein Eisprung war (nicht unbedingt der Zeugungsakt, denn Spermien können einige Tage in der Gebärmutter überleben), dann lohnt es sich, pedantisch und hartnäckig zu sein, wenn es darum geht, das „magische Datum“ in den Mutterpass eintragen zu lassen.
Wenn der ET dann feststeht, sollte man sich bewusst machen, dass nur 5 % der Babies am errechneten Termin geboren werden. Immerhin: rund zwei Drittel der Babys werden in einem Zeitintervall von sieben Tagen rund um den ET geboren [1]. Deshalb nennen ihn viele auch den erratenen Termin ;) Es ist darum auch wesentlich sinnvoller von einem Geburtszeitraum zu sprechen, als von einem einzelnen Termin. Worte und Fomulierungen haben viel Macht über unser Denken (einen eigenen Artikel gibt es HIER dazu zu lesen) und wenn wir bewusst den Zeitpunkt in einen Zeitraum umbenennen, dann haben wir eine ganz andere Erwartungshaltung. Wie groß war doch die Enttäuschung, als ich beim erreichen des ETs in der ersten Schwangerschaft immer noch schwanger war und mein Baby noch nicht in den Armen halten konnte. Und ich denke, ich bin nicht die einzige, der es so geht :D
Oft leidet man gerade in den letzten Wochen der Schwangerschaft unter den typischen Beschwerden (Wassereinlagerungen, Symphyse, Ischias, Iliosakralgelenk) und wünscht sich einfach nur das Ende sehnlichst herbei (gilt natürlich nicht für jede Frau – schätze Dich glücklich wenn Du noch fit bist). Die eigene Ungeduld und die Schwangerschaftsbeschwerden treiben manche Frauen dazu, schon vor dem Termin und ohne medizinische Notwendigkeit eine Einleitung zu verlangen/zu wollen. Eine Einleitung ohne medizinische Indikation (also Notwendigkeit) erhöht aber massiv das Risiko auf einen Kaiserschnitt [2, 3], zumindest für Erstgebärende [4], auf eine PDA und vaginal-operative Eingriffe, sowie die Verlegung des Babies nach der Geburt auf die neonatale Station [2].
Wenn Du aus medizinischen Gründen keine natürliche Geburt haben kannst: auch ein geplanter Kaiserschnitt sollte nicht zu früh angesetzt werden. Gerade die letzten Wochen im Bauch sind wichtig für die Entwicklung des Gehirns des Babies und geplante Kaiserschnitte werden nicht selten schon zwei Wochen vor dem ET angesetzt. Natürlich ist es schön, sein Baby etwas eher im Arm zu halten (vor allem wenn man unter Wassereinlagerungen und einem riesigen Bauch leidet, ich weiß das aus eigener Erfahrung) und für das Krankenhaus ist es auch viel besser planbar. Aber jeder Tag näher am Termin hilft deinem Baby sich auf das Leben außerhalb deines Bauches vorzubereiten. Es lohnt sich also durchaus bis zum Einsetzen der natürlichen Wehen zu warten.
Wenn der magische Termin dann überschritten wird, wird oft Druck gemacht. Planst du eine außerklinische Geburt, musst du am dritten Tag nach Überschreitung zur Kontrolle zum Frauenarzt gehen (in Deutschland). Lass dich bei diesem Termin nicht verunsichern. Es ist normal, wenn die Plazenta zu diesem Punkt schon verkalkt ist und auch die Fruchtwassermenge kann bereits zurück gegangen sein. Das ist kein Grund zur Panik, sondern normal am Ende der Schwangerschaft.
Früher galt eine Schwangerschaft bis 43 Wochen als normal, später grenzte man es dann auf 42 Wochen ein. Heute wird aber oft schon bei 41+0 oder noch eher geraten, die Geburt doch langsam (oder schnell) einzuleiten. Dass das gern auch je nach Besetzung und Belegung des Kreißsaals oder je nach Wochentag entschieden wird, lässt tief blicken. Wenn auch in einigen Situationen eine Einleitung sinnvoll sein mag, eine Überschreitung des ET allein, kann keine Indikation für eine Einleitung sein. Einleitungen sind Stress für Mutter Kind und haben je nachdem nicht zu vernachlässigende Nebenwirkungen (sehr bald werde ich dazu einen separaten Artikel schreiben).
Wenn Dein Baby ein wenig bummelt und ihr den erraten Termin überschreitet, mach Dir bewusst, dass Dein Körper und der Deines Babies keine Maschine ist. Einige Frauen tragen ihre Babies einfach ein wenig länger und wenn es Euch beiden gut geht, spricht nichts dagegen noch bis mindestens 42+0 zu warten, bis man darüber nachdenkt, die Geburt langsam anzustubsen.
Wenn die Geburt eingeleitet werden soll, bedenke folgende Punkte:
- Ist der Termin wirklich realistisch? Hattest Du einen längeren Zyklus etc?
- Hinterfrage kritisch, ob Dein Kind und Du wirklich in Gefahr seid oder ob nur eingeleitet wird, „weil ihr eben grade da (in der Klinik) seid“ oder „weil man es eben so macht“ (alles schon gehört). Dies ist nicht der Zeitpunkt, eine bequeme „gute“ Parientin zu sein. Hake nach, stelle Fragen, bitte Dir Bedenkzeit aus. Es ist Deine Geburt, Du bestimmst!
- Eine verkalkte Plazenta und wenig Fruchtwasser sind am Ende der Schwangerschaft normal und muss nicht notwendigerweise unmittelbare Gefahr für euch bedeuten.
- Niemand kann dich gegen deinen Willen einleiten, niemand „muss das verantworten“, Du allein bestimmst, Du allein trägst die Verantwortung.
- Wäge die Risiken einer Einleitung und eines möglichen Kaiserschnittes gegen die vermeintlichen Risiken einer „Übertragung“ ab.
- Gibt es vielleicht Gründe wieso Du nicht los lassen kannst? Ist es vielleicht/möglicherweise/sicher Deine letzte Schwangerschaft? Hast Du Angst vor der Geburt? Gibt es wichtige Vorhaben oder Termine, die Du eigentlich noch hinter Dich bringen wolltest? In diesem Fall könnte vielleicht eine auflösende Hypnose oder Affirmationen helfen?
- Manchmal stimmt auch einfach die Lage des Babys nicht ganz. In ihrem Buch „Die Optimierung der Kindslage“ schreiben Paulone Scott und Jean Sutton, dass einige Kindslagen die Übertragung fördern können und beschreiben Haltungen und Übungen, mit denen man das Baby in eine bessere Lage bringen kann.
Ein schöner Artikel zum Weiterlesen findet sich übrigens auf Jobinas Blog „Meisterin der Geburt„, die über ihre 300-tägige Schwangerschaft erzählt.
Wenn mein Beitrag Dir gefallen hat oder Du Anmerkungen oder Diskussionsbedarf hast, dann lass es mich wissen – schreibe mir gerne einen Kommentar :)
Vielleicht bist Du selbst gerade schwanger und hast Angst vor der Geburt Deines Babys? Ich würde mich freuen, Dir persönlich helfen zu können (natürlich kostenlos!).
Ich wünsche Dir alles Gute und viel Kraft auf Deinem Weg. – Susanne
[1] Khambalia, A. Z., Roberts, C. L., Nguyen, M., Algert, C. S., Nicholl, M. C., & Morris, J. (2013). Predicting date of birth and examining the best time to date a pregnancy. International Journal of Gynecology & Obstetrics, 123(2), 105-109. LINK
[2] Cammu, H., Martens, G., Ruyssinck, G., & Amy, J. J. (2002). Outcome after elective labor induction in nulliparous women: a matched cohort study. American journal of obstetrics and gynecology, 186(2), 240-244. LINK
Ich selber bin wohl eine dieser Damen die ihr Kind gerne länger bei sich behält, so dachte ich jedenfalls.
Am Tag 17 + ET wurde ich von meiner Hebamme zur Kontrolle zur FA geschickt.
Meine tolle Hebamme hat mich darauf vorbereitet das der Arzt mir wahrscheinlich einige Dinge an den Kopf werfen wird und nicht sehr freundlich sein wird. Aber auf das was kam konnte mich keiner vorbereiten.
Das netteste war vermutlich das ich mein Kind umbringen könnte, diese Ärztin hat sehr weit ausgeholt und mich mit soviel Müll zugeschüttet das ich einfach nur Angst bekam, das etwas mit meinem Sohn passieren könnte.
Insgesamt wurde ich 6 Tage eingeleitet.
Jede Form der Einleitung würde versucht aber mein kleiner Schatz kam einfach nicht.
Gefühlt hatte ich das halbe KH in mir, und zimperlich ging kein Arzt mit mir in diesem KH um.
Ich selber war schon nach 3 Tagen am Rande des Wahnsinns. Ich konnte mit drei Kranken Damen im Zimmer keine Nacht durch schlafen und verlor so viel wertvolle Energie die ich für die Geburt gebraucht hätte.
Als schließlich der Professor der Klinik vor mir stand willigte ich zum Kaiserschnitt ein, und ich war froh.
Froh darüber es bald hinter mir zu haben und auch froh darüber diesen wiederlichen Klinik Alltag voller gemachten Ängste nicht mehr erleben zu müssen.
Am Tag des Kaiserschnitt s wurde mit während der Visite ungefragt die Fruchtblase geöffnet.
Eine junge Hebamme war dabei und war sprachlos darüber das der Chefarzt ohne zu fragen diese einfach öffnet, was aber mein Glück war den in diesem Moment bekam diese Hebamme den Ehrgeiz es den Ärzten zu zeigen und mir meine Traumgeburt zu schenken.
Sie kümmerte sich rührend um mich, steckte mich in die Wanne ( das erste mal ) Sie kochte mir Hebammen Tee und massierte meinem Muttermund, und siehe da nach 4 Stunden vor dem Kaiserschnitt bekam ich wehen.
Die Ärzte nahmen erst weder mich noch die Hebamme für voll und glaubten nicht an meine Wehen, bis sie sehr deutlich auf dem CTG zu sehen waren.
12 Stunden später durfte ich meinen wunderschönen Sohn auf unserer Erde begrüßen.
10 Stunden später lagen wir bei uns zuhause im Bett und ich war so sehr glücklich über ihn und das er endlich bei uns war.
Und doch auch total schockiert über das was geschah.
Auch heute knapp 2 Jahre später nagt diese endlos Einleitung an mir, aber wenigstens weiß ich schon heute das mir das bei unserem zweiten Kind alles nicht mehr passieren wird.
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Liebe Marie,
Was Dir passiert ist klingt wirklich schrecklich, ein elendig langes Martyrium. Danke, dass Du Deine Erfahrungen hier geteilt hast. Kennst du die Roses Revolution ? Vielleicht hast Du ja das Bedürfnis, dem Krankenhaus ein Feedback zu geben. Nur so können wir diese unerträgliche Sitiation ändern. Vielleicht findest Du ja die Kraft einen Brief zu schreiben und eine Rose niederzulegen. Wenn Du Unterstützung brauchst, kannst du mir jederzeit schreiben. Auch wenn du wieder schwanger bist würde ich mich freuen von dir zu hören! Ganz viele Grüße
Susanne
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