Wie Dein Unterbewusstsein Dir hilft, eine positive Geburt zu erleben

In dieser kleinen Mini-Serie soll es um drei Komponenten gehen, mit denen wir zwar immer zu tun haben, derer wir uns aber normalerweise viel zu wenig Bewusst sind – im Alltag wie auch bei der Geburtsvorbereitung. Verstand, Unterbewusstsein und Körper sind eng miteinander verwoben, so eng, dass wir oft die einzelnen Faktoren gar nicht unterscheiden können. Wenn wir lernen, wie diese drei Faktoren zusammenarbeiten, können wir ihre große Bedeutung erkennen und sie für uns nutzen – zum Beispiel zur Geburtsvorbereitung.

Alle drei Komponenten brauchen einander und sind miteinander direkt oder indirekt verbunden. Das Unterbewusstsein dient sozusagen als Schnittstelle zwischen Körper und Verstand. Es sendet Gedanken an den Verstand (also deine bewusste Wahrnehmung und deine Gedanken) und sorgt dafür, dass der Verstand den Körper wahrnimmt. Auf der anderen Seite nimmt es den Körper, also die Empfindungen im Körper, ununterbrochen wahr und steuert die Körperfunktionen, wie Herzschlag, Blutdruck, Verdauung, Angstreaktionen und auch Deine Geburt.

Das Unterbewusstsein ist auf eine Art getrennt vom Bewusstsein. Es arbeitet außerhalb unserer bewussten Wahrnehmung, deswegen wird es auch das Unbewusste genannt. Diesen Begriff finde ich persönlich aber unpassend und da wir ja wissen, wie wichtig Sprache ist, werde ich ihn auch so nicht verwenden. Wieso? Das Unterbewusste ist genau genommen niemals unbewusst. Die Prozesse die im Unterbewusstsein ablaufen sind nur deinem Verstand nicht bewusst und aus dieser Perspektive vielleicht unbewusst. Nichts desto trotz: das Unterbewusste tut mir viel mehr und registriert viel mehr als der Verstand und ist niemals unbewusst, nicht mal wenn Du schläfst. Es ist sozusagen Dein Fundament, es verarbeitet Informationen und sortiert sie aus, bevor sie in Dein Bewusstsein treten. Das ist essentiell für Dich, niemals könntest Du mit Deinem Verstand alle Informationen erfassen, die in jeder Sekunde auf Dich einprasseln. Das alles macht es ganz automatisch und ohne dass Du es kontrollieren könntest. Damit entscheidet Dein Unterbewusstsein maßgeblich, wie Du die Welt um Dich herum wahrnimmst und Dich in ihr zurechtfindest.

Außerdem bewertet das Unterbewusstsein, stets und ständig jede Situation. Dein Kaffee am Morgen? – Guuut! – Deine Tasse ist Dir umgekippt? – Schlecht. – Auf Deinen neues MacBook? – Noch schlechter. – Das neue Outfit Deiner Kollegin? – Nee, also die hat sich echt vergriffen. – Jetzt ziept es im Rücken? – Schlecht. Bei den größten Zusammenhängen wie auch auf einer mikroskopisch kleinen Ebene bewertet Dein Unterbewusstsein dauernd Deine Sinneseindrücke und gibt diese Bewertung an Deinen Verstand weiter (oder auch nicht, je nach dem wie wichtig es ist). Wenn Du schläfst und frierst, wird das Unterbewusste Deinen Körper dazu bringen, sich mehr zuzudecken, ohne dass Du das mitbekommst. Wenn Du Autofährst und gerade mit den Gedanken schon auf der Arbeit bist, wird das Unterbewusste für Dich die rote Ampel wahrnehmen und schon mal auf die Bremse steigen bevor Dir das selbst bewusst wird.

Wie wenig wir davon mitbekommen und wie beeinflussbar wir genau deswegen sind, zeigt ein Versuch, der im folgenden Video an einem Vortragspublikum gemacht wird. (sehr sehenswert, aber auf Englisch, Achtung: Spoiler unter dem Video):

Zwei Gruppen wird getrennt voneinander ein Foto des gleichen Hotelzimmers gezeigt, zusammen mit der Frage: „Kostet dieses Zimmer mehr als 5500$ (Gruppe 1) / 55$ (Gruppe 2) pro Nacht?“ Sie sollen mit „Ja“ oder „Nein“ antworten. Das ist recht einfach, die erste Gruppe sagt „nein“, die zweite „ja“. Danach sollen sie einen Zimmerpreis schätzen. Teilnehmer aus Gruppe 2 schätzen einen deutlich niedrigeren Preis als die der Gruppe 1, weil sie vom Vortragenden mit einem deutlich geringeren Startpreis vorgeprägt wurden. Natürlich war ihnen das nicht bewusst und obwohl sie versuchten, so objektiv wie möglich zu schätzen und obwohl beide Gruppen dasselbe Zimmer sahen, waren die Ergebnisse der Schätzungen sehr unterschiedlich. Ein Zeichen, wie wirksam Suggestionen für das Unterbewusstsein sein kann – denn dieses ist es, welches die Schätzung generiert.

Wie kann Dir Dein Unterbewusstsein bei der Vorbereitung auf Deine Geburt helfen?

Man könnte manchmal meinen, Dein Unterbewusstsein würde gegen Dich arbeiten. Zum Beispiel wenn Du durch die Küche läufst, gerade noch putzen wolltest, aber – trotz Diätvorhabens – ein Stück Keks in Deinen Mund wandert. Oder wenn Du nach der Arbeit noch mal fix einkaufen wolltest, aber stattdessen direkt den üblichen Heimweg nimmst, weil Dein Verstand noch bei dem letzten Meeting von heute Nachmittag verweilte und Du automatisch einfach den gewohnten Weg nimmst. Oder wenn Du wiedermal Deine Kids oder Deinen Partner anmotzt, obwohl Du Dir doch vorgenommen hattest, dieses Mal geduldiger und verständnisvoller zu reagieren. Wir sind oft nicht frei in unseren Wahrnehmungen und Handlungen, ohne dies wirklich zu wissen. Gesteuert wird vieles unterbewusst.

Dein Unterbewusstsein hilft oder schadet Dir, je nach seiner Konditionierung. Eigentlich stimmt das so nicht, aber lass mich erklären. Prinzipiell will Dein Unterbewusstsein Dir immer helfen. Schließlich ist es ein Teil von Dir und alle Teile von Dir wollen Dich ja am Leben erhalten und Dir helfen ein gutes Leben zu führen. Dein Unterbewusstsein übernimmt immer dann Entscheidungen für Dich wenn Dein Verstand mit der Situation überfordert, mit etwas ganz anderem beschäftigt oder gar nicht in der Lage ist, zu reagieren. Es hat sozusagen eine wesentlich größere Aufmerksamkeitsspanne als Du und „hilft“ Dir auf seine Weise. Leider versteht es gewisse Aspekte unserer modernen Welt überhaupt nicht und kann sie auch gar nicht verstehen. Sollst Du eine Präsentation vor 200 Fremden halten und bist deshalb ängstlich, wird Dein Unterbewusstsein den Fight-or-Flight-Reflex aktivieren – etwas, das Du früher in der freien Natur bei Gefahr (etwa der Begegnung mit einem Raubtier) gut hättest gebrauchen können, um zum Beispiel die Flucht zu ergeifen. Denn Adrenalin hilft dem Körper kurze sportliche Hochleistungen zu erbringen. Dass Du aber Deine Recherche oder Deine aktuellen Daten, Dein Gedicht, Dein Werk etc. vorstellen willst und dafür einen ruhigen Körper ohne viel Adrenalin gebrauchen könntest, das weiß Dein Unterbewusstsein nicht, und kann es auch nicht wissen. Auch dass es Dich heute ausnahmsweise noch mal zum Einkaufen „fahren“ soll (Achte mal drauf: Wer fährt eigentlich Dein Auto/Fahrrad?) weiß es nicht, es spult das Programm ab, das es immer abspult, weil es nur auf eine Art und Weise lernen kann: durch Konditionierung.

Bei der Geburt spielt Dein Unterbewusstsein eine riesengroße Rolle – aus dem gleichen Grund. Wieder: Dein Unterbewusstsein ist konditioniert, bestimmte Assoziationen hervor zuholen, auf die es durch lebenslange Erfahrung konditioniert ist. Es bestimmt Deine Wahrnehmung anhand des von ihm Gelernten. In diesem Falle für viele Frauen und Paaare: Geburt bedeutet Aufregung, Anspannung, Gefahr, Angst und Schmerzen. Geburt geht nur mit medizinischer Unterstützung, eine Frau kann das alleine nicht schaffen, Geburt muss kompliziert sein. Die Geburt eines Kindes ist natürlich eine Ausnahmesituation mit vielen Eindrücken und unser Verstand damit schnell überfordert. Außerdem bewertet das Unterbewusste nicht nur die Situation, es steuert auch die Körperreaktionen. Das führt dann unter anderem zum Einstieg in den Angst-Spannungs-Schmerz-Zyklus und verursacht ein um ein vielfaches verstärktes Schmerzempfinden bei der Geburt. Das Unterbewusstsein will Dir damit nichts Schlechtes, es ist nicht böse oder destruktiv. Es tut einfach nur, wozu es gemacht ist. In gewisser Art und Weise funktioniert es wie ein Hund, den man als fürsorglichen Blinden- oder als aggressiven Wachhund gleichermaßen abrichten kann.

Hast Du Dein Unterbewusstsein hingegen so (um)konditioniert, dass es Geburt zwar mit Anstrengung, aber auch mit tiefer Entspannung und Vertrauen in den Geburtsprozess und den eigenen Körper assoziiert, dann wird es Dir in dieser Ausnahmesituation helfen, entspannt zu bleiben, tiefer in Dich selbst zu gehen, und damit den Einstieg in die Schmerzen und eventuellen Geburtsstillstand/-komplikationen verhindern helfen.

Wie kommuniziert man mit seinem Unterbewusstsein?

Und wie soll ich nun meinem Unterbewusstsein ein positiveres Bild auf Geburt vermitteln? Wenn es doch unsere Welt nicht versteht? Wenn es doch so konditioniert ist, dass es zum Beispiel bei einem Ortswechsel ins Krankenhaus Gefahr wittert und Adrenalin ausstößt, statt zur Entspannung und damit einer leichteren Geburt beizutragen?

Darauf kann es natürlich nicht eine richtige Antwort für Jede geben. Jede Schwangere muss sich hier seinen eigenen Werkzeugkoffer zurecht legen und schauen, was für sie funktioniert und was nicht. Das ist so individiuell wie die Menschen selbst und die unten stehende Liste hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit (wenn Du einen guten Tipp hast, dann schreib doch einen Kommentar :) ).

Zuerst: wichtige Dinge die es zu beachten gilt:

Dein Unterbewusstsein lernt – wie schon gesagt – nicht so wie Du, wie Dein Verstand. Hat man Dir einmal gesagt, dass Elefanten keine Fische sind, merkst Du Dir das (wahrscheinlich ;) ). Dein Unterbewusstsein versteht aber zum Beispiel keine Verneinungen. Von einer Affirmation wie: „Ich habe keine Angst vor der Geburt“ wird nur „Geburt“ und „Angst“ übrig bleiben – das Gegenteil von dem was Du bezwecken wolltest. Das Unterbewusstsein kann weiterhin keine komplexen Zusammenhänge erfassen. Lange komplizierte Zusammenhänge sollte man also vermeiden und in mehrere einfachere umwandeln. Weiterhin gilt: Wiederholung ist der Schlüssel! Nur was Du immer und immer wieder wiederholst, setzt sich fest. Mit einmal Üben ist es also nicht getan. Frei nach dem Motto: Steter Tropfen hölt den Stein. Daraus folgt auch, dass man etwas Zeit und Geduld braucht, es lässt sich nur schwer in ein zwei Tagen umprogrammieren.

Als mein Sohn diesen Sommer wegen eines Abszesses unter Vollnarkose operiert werden musste, wartete ich während der OP lange und ungeduldig in dem uns zugeteilten Zimmer. Ich schlich umher und versuchte mich von meiner Anspannung abzulenken. Ich konnte ja nichts tun, aber meine Sorge um ihn half ihm kein bisschen weiter – sie machte nur mich selbst Mürbe und Müde. Schließlich fiel mir ein, dass ich auf meinem iPhone noch die Regenbogenentspannung vom HypnoBirthing hatte. Ich schaltete den Track ein und sofort, wirklich sofort, spürte ich die Entspannung. Ich konnte die verbleibende Zeit aufmerksam, jedoch entspannt warten, bis ich schließlich in den Aufwachraum gerufen wurde. Das monatelange Training mit der CD war so erfolgreich, dass Musik und Worte in meinem Unterbewusstsein immer noch – nach dreieinhalb Jahren – mit Entspannung und Loslassen assoziiert und an Körper und Bewusstsein weiter gegeben wurden – wirklich beeindruckend.

Atmung

Die Atmung bildet sozusagen eine Brücke zwischen allen drei Komponenten: Verstand, Unterbewusstsein und Körper. Der Verstand kann den Atem steuern. Wenn er ihn nicht steuert, wird das vom Unterbewusstsein übernommen. Und natürlich findet der Atem im Körper selbst statt. Deshalb ist der Atem so zentral, nicht nur beim Hypnobirthing, auch bei vielen Entspannungstechniken, Hypnosen und verschiedenen Meditationspraktiken. Mit dem Atem kann man Körper und Geist gleichermaßen beruhigen und entspannen. Welche Atemtechniken es für die Geburt gibt, kannst Du in meinem Artikel über Atmung lesen.

Hypnose

Durch Hypnose wird man in einen Entspannungszustand versetzt und das kritische Denken des Bewusstseins, sozusagen ausgeschaltet (man bekommt aber noch alles mit, keine Sorge). Genauer gesagt, wird durch Hypnose die Barriere, die normalerweise zwischen Unterbewusstsein und Bewusstsein besteht, aufgehoben, so dass durch einfache Anweisungen das Unterbewusstsein umprogrammiert werden kann (zum Beispiel keine Angst mehr zu haben wenn es um Geburt geht etc.). Je nach Typ des Hypnotisierten und Art der CD oder des Hypnosetherapeuten kann das sehr effektiv sein.

Meditation

Wie mächtig Meditation sein kann und wie stark sie das Unterbewusstsein beeinflusst, durfte ich im August erleben und erlebe es immer noch. Auf meinem Vipassana-Kurs meditierte ich täglich zehn Stunden lang und nach dem Kurs, wieder im Alltagsleben angekommen, fiel mir auf, wie sehr sich meine vom Unterbewusstsein gesteuerten „automatisierten“ Reaktionen, besonders in Bezug auf die Kinder und meinen Mann, aber auch alltägliche Situationen geändert hatten.

Affirmationen

Affirmationen sind kurze einfache positive Sätze, die Du Dir täglich aufsagst, anhörst oder aber abliest (zum Beispiel vom Post-it am Spiegel), die Dir helfen, Deine Einstellung zu ganz bestimmten Dingen zu ändern. Durch die ständige Wiederholung wird Dein Unterbewusstsein langsam re-konditionert. Beispiele zum Thema schmerzarme positive Geburt sind etwa:

  • Mein Baby und mein Körper sind zum Gebären geschaffen.
  • Meine Geburt wird einfach sein.
  • Mein Baby gleitet mühelos aus mir heraus.
  • Ich bleibe entspannt und ruhig bei jeder Welle.

Achtsamkeit

Achte im Alltag einmal darauf, mit welchen Gedanken Dein Unterbewusstsein Dich „füttert“. Bist Du immer sehr negativ gegen andere und/oder Dich selbst (oft geht das Hand in Hand)? Was denkst Du beim Blick in den Spiegel? Jammerst Du oft innerlich oder nach außen? Denkst Du angstvoll an die Geburt? Nimm Dir wenn möglich so oft es geht Zeit und gehe diesen Gedanken auf den Grund. Woher kommen sie? Wie genau sind sie konditioniert? Die Erkenntnisse kannst Du zum Beispiel in die nächsten Meditationen/Affirmationen/Hypnosen mit einfließen lassen.

Im nächsten Teil dieser Serie geht es dann um Deinen Verstand und wie er Dir helfen kann, Dich auf eine schmerzarme positive Geburt vorzubereiten.


Ich hoffe, mein Artikel hat Dir gefallen. Wenn ja, dann lass mir doch ein Sternchen oder einen Kommentar da – darüber würde ich mich sehr freuen :)

Liebe Grüße,

Susanne

 

 

 

2 Gedanken zu “Wie Dein Unterbewusstsein Dir hilft, eine positive Geburt zu erleben

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