Diese Frage wird mir häufig gestellt. Ziemlich häufig sogar. Braucht man einen Geburtsvorbereitungskurs? Wie sinnvoll ist so ein Kurs? Und ist ein Hypnobirthingkurs anders und eventuell sinnvoller zu belegen? Und ist er das Geld wert? Ich versuche mal die Frage so dezidiert wie möglich zu beantworten, aber wie so oft kann ich natürlich nur aus meiner eigenen Perspektive schreiben. Eine definitive Antwort für jeden kann ich bestimmt nicht geben. Gerade deswegen würde mich Eure Meinung in den Kommentaren interessieren, wie habt ihr euren Geburtsvorbereitungskurs erlebt? Würdet ihr noch mal einen machen? Hattet ihr einen Hypnobirthing-Geburtsvorbereitungskurs? Fandet ihr, er war das Geld wert?
Der normale Geburtsvorbereitungskurs
In meiner ersten Schwangerschaft habe ich zusammen mit meinem Mann einen Paar-Geburtsvorbereitungskurs im örtlichen Geburtshaus besucht, wo auch die Vorsorgeuntersuchungen durch meine Beleghebammen stattfanden. Ich fühlte mich immer wohl dort und fand die Atmosphäre sehr angenehm. Auch das Gebärzimmer anzusehen war spannend, auch wenn ich zur Geburt ins Krankenhaus gehen wollte (so eine Gebärwanne sieht man ja nicht aller Tage ;) ). Der Geburtsvorbereitungskurs war durchschnittlich würde ich sagen (auch wenn ich keinen Vergleich habe). Es gab Tee, es war eine lockere Atmosphäre und ich habe eine Freundin kennengelernt, mit der ich noch heute in Kontakt bin. Außerdem wurden die Kosten für den Kurs von der Krankenkasse getragen. Wir hatten auch kein Geschwisterkind, das betreut werden musste und das Geburtshaus war nur 5 Minuten (ok, später, als ich deutlich langsamer voran kam, 10 Minuten) von meiner Arbeit entfernt. Ich genoss die Auszeit vom Alltag während des Kurses, die Massagen und Gespräche und dass diese Zeit sich exklusiv um meinen Bauch drehte. Alles in allem empfand ich den Kurs zum Zeitpunkt der Schwangerschaft ganz positiv – bei quasi keinem Aufwand. Nach der Geburt trafen wir uns auch in einer kleinen Gruppe mit den Babies zum Erzählen und Austauschen einige Male, was für eine junge Mama wie mich (ich war die erste aus meinem Freundeskreis, die ein Kind bekam und musste erstmal „Mama-Kontakte“ knüpfen) damals sehr wertvoll war.
Wer meinen Blog schon länger kennt, der weiß, dass meine erste Geburt alles andere als schön war. Inwiefern hat mich der Geburtsvorbereitungskurs tatsächlich auf die Geburt vorbereitet? So viele Themen, die ich hier in meinem Blog (genau aus diesem Grund) anspreche und die ich mittlerweile für essentiell halte um sich auf eine Geburt vorzubereiten, kamen in meinem ersten Geburtsvorbereitungskurs gar nicht vor: Privacy, Geburtsplan, Abnabeln, aber auch wie man mit einem möglichen Kaiserschnitt umgeht, was die Risiken sind und wann er angezeigt ist – wurde nicht besprochen (und das bei 30% Kaiserschnittrate – jede dritte Frau in meinem Kurs hatte statistisch gesehen einen Kaiserschnitt). Obwohl so ein Geburtsvorbereitungskurs ja auch gern mal als „Hechelkurs“ verlacht wird, lernten wir auch keine Atemtechniken, die meiner Meinung nach wirklch zentral sind für eine positive schmerzarme Geburt (und die vorher geübt werden müssen). Wir lernten auch nichts über Selbstbestimmung, wie wichtig diese ist (gerade für Frauen die ins Krankenhaus gehen wollten oder mussten) und wie man den Geburtspartner als wirklichen Unterstützer in Sachen selbstbestimmte Geburt gewinnt und vorbereitet. Wir übten zwar aufrechte Geburtspositionen, wurden aber nicht darauf vorbereitet, dass diese im Krankenhaus nur selten umgesetzt werden – und was das für Auswirkungen haben kann. Oder welche Eingriffe unter der Geburt zwar normal aber eher fragwürdig sind. Elemente aus dem Hypnobirthing wie der Angst-Spannungs-Schmerz-Zyklus kamen „natürlich“ auch nicht vor, genauso wenig die Möglichkeit einer schmerzarmen Geburt – auch wenn ich denke, dass man beides besprechen kann ohne auch nur einmal das Wort „Hypnose“ oder „Hypnobirthing“ in den Mund zu nehmen.
Dafür machten uns die Hebammen aber beispielsweise vor, wie laut man unter den Wehen stöhnt (was natürlich Schmerzen impliziert) und redeten über den Sinn des Geburtsschmerzes. Das finde ich im Nachhinein absolut kontraproduktiv – gerade wenn man dazu noch Schmerzmittel und PDA als „Abkürzung“ verurteilt. Diese Glorifizierung des Schmerzes ohne Aufzeigen einer Alternative empfinde ich schlicht als falsch. Außerdem hörte man natürlich die üblichen Schreckensszenarios und negativen Geburtsgeschichten von anderen Müttern – etwas vor dem man sich unbedingt schützen sollte wenn man eine schmerzarme und selbstbestimmte Geburt möchte.
Wichtig ist mir zu sagen: Ich kann kaum den Geburtsvorbereitungskurs dafür verantwortlich machen, wie meine erste Geburt verlaufen ist. Ich hatte natürlich eine eigene Verantwortung all die oben aufgeführten Themen zu recherchieren, zu hinterfragen und zu üben. Aber gerade wenn man das erste Mal schwanger ist, ist man überwältigt von all der Informationsvielfalt und weiß oft nicht zu unterscheiden was wichtig ist und was nicht. Hier hätte ich mir im Nachhinein eine andere Schwerpunktlegung gewünscht – weniger Kuscheltalk und Kennenlernspiele und mehr „Butter bei die Fische“. Denn in unserem Geburtshilfesystem ist nicht alles rosarot (und schlimmer) und die allermeisten Erstgebärenden kommen mit diesem Fakt erstmals in Berührung wenn es zu spät ist: unter der Geburt. Ich sage nicht, dass man Schwangere unnötig in Panik versetzen oder eine schmerzfreie Geburt anpreisen sollte – aber ein Bewusstsein schaffen für verschiedene Aspekte. Anregungen für eigene Recherchen. Denkanstöße. Das wäre gut.
Fazit #1: Mein normaler Geburtsvorbereitungskurs war recht angenehm. Aber auf die Realität einer Geburt hat er mich nicht wirklich vorbereitet. Wenn Du einen normalen Geburtsvorbereitungskurs machen willst, mach ihn ruhig. Vielleicht findest Du ja eine Freundin mit der Du Freud und Leid der ersten Babyzeit teilen kannst – das ist viel Wert. Aber erwarte nicht unbedingt eine umfassende Aufklärung – die musst Du Dir leider oft selbst organisieren. Frage auf jeden Fall kritisch nach (wie immer ;) ) und sei skeptisch – auch Hebammen und Kursleiterinnen wissen nicht alles.
Der Hypnobirthing-Geburtsvorbereitungskurs
In meiner zweiten Schwangerschaft war mir recht schnell klar: ich will Hypnobirthing anwenden. Aber ich zweifelte natürlich an der Technik und wollte so viele Informationen wie möglich sammeln. Im Buch wird immer mal auf die Kurse verwiesen und deshalb stand für mich fest: ich muss so einen Kurs machen (ich war wirklich verzweifelt nach meiner ersten Geburt ;) ).
Wir machten schließlich einen Wochenendkurs für Paare (beim Hypnobirthing wird ja der Geburtspartner auch sehr einbezogen), an vier Wochenenden immer Sonntags vier Stunden in einer weiter entfernten Stadt. Unser Großer blieb bei den Großeltern. Wir waren insgesamt nur drei Pärchen und die Atmosphäre war auch hier wieder recht gemütlich, inklusive Snacks und Getränken. Der Kurs beinhaltete die inhaltliche Zusammenfassung des Buches, das ich zu dem Zeitspunkt aber schon in und auswending kannte. Für meinen Mann, der das Buch nur als Bruchstücke aus meinen Erzählungen kannte (und es bis zum Schluss der Schwangerschaft nicht gelesen hatte) war das super, weil die gesamte Geschichte und Theorie noch mal aufbereitet wurde, für mich war es eher nur so mittelspannend. Ich habe in meiner zweiten Schwangerschaft alles zum Thema selbstbestimmte schmerzarme Geburt nachgelesen und in mich aufgesogen und hörte kaum etwas Neues. Auch die Atem- und Entspannungstechniken kannte ich bereits, übte sie aber quasi als „Hausaufgabe“ nach den Kurseinheiten zum ersten Mal wirklich regelmäßig (was mir gut tat). Pro Stunde gab es eine Hypnosesitzung, die ich immer als sehr angenehm und intensiv empfunden habe (mein Mann ist aber jedes Mal eingeschlafen, entsprechend hat es auf ihn nicht so einen tiefen Eindruck gemacht ;) ). Außerdem bekommt man eine CD mit Affirmationen und der Regenbogenentspannung (eine geführte Hypnose), die ich dann schlussendlich auch bei der Geburt gehört habe. Es wird auch auf die Notwendigkeit eines Geburtsplanes, auf Geburtspositionen und Sport und Ernährung während der Schwangerschaft eingegangen (auch wenn ich mit dem Ernährungskonzept nicht 100% einverstanden bin, aber bewusste gesunde und vollwertige Ernährung während der Schwangerschaft halte ich für sehr wichtig).
Ist der Hypnobirthingkurs denn jetzt seinen stolzen Preis wert? Die meistens Kurse kosten so um die 300 -350 € und wenn man die Kosten, die die Kursleiterin hat (Ausbildung, Miete etc.), einbezieht und es mit Beratungen auf anderen Gebieten vergleicht (habt ihr mal einen Termin bei einem Notar gehabt? o.O), dann finde ich es schon gerechtfertigt, auch wenn es erstmal viel klingt. Ich denke trotzdem nicht, dass ich persönlich den Kurs unbedingt gebraucht hätte. Ich habe mir autodidaktisch so viel beigebracht, dass ich durch den Kurs kaum einen Mehrwert hatte. Meinem Mann dagegen hat die intensive Beschäftigung mit dem Thema zu festgesetzten Zeiten schon etwas gebracht. Ich bin mir nicht sicher, ob wir uns auch ohne den Kurs wirklich so viel Zeit genommen hätten um zusammen alles zu besprechen und dass er je Zeit gefunden hätte das Buch mal zu lesen.
Es kommt also ganz auf Dich/Euch an:
Kennst Du das Buch schon auswendig und liest in jeder freien Minute alles was Du zu schmerzarmer und selbstbestimmter Geburt finden kannst? Übst Du die Atem- und Entspannungstechniken und hörst Dir Affirmationen und Hypnosen an? Bist Du sowieso knapp bei Kasse? Hast Du vielleicht Probleme Betreuung für ein Geschwisterkind zu finden? Oder einen sehr langen Anfahrtsweg zum nächsten Kurs?
Hast Du gerade erst von der Möglichkeit einer schmerzarmen Geburt gehört, hast vielleicht auch nicht mehr so viel Zeit übrig um Dich vorzubereiten? Möchtest Du lieber alles von einer ausgebildeten Kursleiterin erklärt haben mit der Möglichkeit gleich nachzufragen? Hast Du genug Geld übrig? Dann mach den Kurs, er wird Dich sicherlich bereichern.
Fazit #2: Mein HB-Geburtsvorbereitungskurs war ganz nett, er hat sehr viele – aber nicht alle – Themen die ich heute für wichtig erachte behandelt, aber unbedingt gebraucht hätte ich ihn nicht. Trotzdem hat es geholfen – in einer Welt in der wirklich jeder (auch meine Hausgeburtshebammen) mir glauben machen wollte, dass Geburt nunmal schmerzhaft sein muss – einem Gegenpol persönlich gegenübersitzen zu haben und Fragen stellen zu können und zu sehen, dass die Idee gar nicht so verrückt ist ;)
Generell denke ich: Es reicht nicht, sich nur und ausschließlich auf einen Kurs (welchen auch immer) zu verlassen und nicht zu Hause zu üben und sich weiter zu informieren, zum Beispiel über Bücher oder Blogs. Die Vorbereitung auf eine Geburt ist ein Marathon, nichts das man mal eben in ein paar Stunden über die Bühne bringt.
Und jetzt interessieren mich mal Eure Erfahrungen, also schreib mir mal einen Kommentar wenn ihr mögt.
Liebe Grüße,
Susanne
Wenn Du Fragen zum Thema Hypnobirthing oder Anregung für einen neuen Artikel hast, kannst Du mir auch gern persönlich schreiben.
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